„Seit 1994 haben wir eine funktionierende Lobbyarbeit aufgebaut. Darauf können wir stolz sein, denn das ist nicht selbstverständlich für kleine und mittlere Betriebe, wie sie in unserer Branche die Regel sind“, so der BPH-Vorsitzende Eduard Appelhans.
Anschließend stimmte eine Lightning-Round der beteiligten Partner und Zulieferer auf den ersten Höhepunkt ein: den Besuch der vollautomatischen Produktion von Müller Holzfensterbau in Essen. Das Interesse an dieser erstaunlichen Anlage in beengten Platzverhältnissen war groß. Fünf Gruppen wurden von Heinrich, Stephan und Matthias Müller an zwei Tagen durch den Betrieb mit einer jährlichen Produktionskapazität von 80 000 Fenstereinheiten geführt.
Dass die Bau- und damit auch die Holzfensterbranche einen enormen Hebel besitzt, um die Klimaziele bis 2025 zu erreichen und damit den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten, darin waren sich die Referentinnen und Referenten bei diesem Kongress einig. Der Bausektor verbrauche 90 % aller Rohstoffe und erzeuge 40 % der CO2-Emissionen in Deutschland. Als nachhaltiger Werkstoff, der CO2 im gesamten Produkt-Lebenszyklus bindet, sei Holz wie geschaffen für die Kaskadennutzung und die kreislaufgerechte Wiederverwertung bzw. -verwendung.
Fit für die Kreislaufwirtschaft!
Prof. Annette Hillebrandt von der Bergischen Universität Wuppertal sprach Klartext. „Ohne Ökologie gibt es keine Gesellschaft und ohne Gesellschaft keine Wirtschaft.“ Sie wandte sich gegen Greenwashing im Bauwesen und plädierte für eine echte Kreislaufwirtschaft. Im Fensterbereich gebe es bereits Lösungen, welche die Lebensdauer von Holzfenstern um ein Vielfaches verlängerten. Voraussetzung für die Weiterverwendung von alten Fenstern im „Closed Loop“ seien die Sortenreinheit, Rückbaubarkeit und Schadstofffreiheit.
Timm Sassen, CEO der Greyfield Group, lebt das ressourcenschonende Prinzip „Erhalten statt erneuern“ bereits. Sein Unternehmen entwickelt nur Projekte im Bestand, denn „der höchste Energieverbrauch fällt nicht beim Betrieb eines Gebäudes an, sondern bei dessen Herstellung“. Das bedeute auch, weniger neue Fenster zu produzieren und, wo immer möglich, die bestehenden zu ertüchtigen und zu erhalten. Den Fensterbauern rät er, hierfür geeignete Lösungen zu entwickeln.
Prof. Anne Niemann vom ift Rosenheim und Judith Resch, Schreinerin, Architektin und Autorin, zeigten am Beispiel Holzfenster, wie innovativ und kreativ „einfaches“ und nachhaltiges Bauen sein kann. Auch Glas kann zur Nachhaltigkeit beitragen: Die Vorteile von Vakuumglas hinsichtlich seiner Dämmeigenschaften erläuterte Roland Skomda von AGC.
Besuch der NRW-Landwirtschaftsministerin
„Um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein, könne auch die Holzfensterbranche ihren Teil beitragen: Holzfenster als größter regenerativer CO2-Speicher seien langlebig, nachhaltig und kreislaufgerecht“, erklärte Silke Gorißen, Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen.
Dr. Stefanie Wieland vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW beleuchtete viele Beispiele und Förderinitiativen für das nachhaltige Bauen mit Holz. Sie verdeutlichte außerdem, warum Klimaschutz, nachhaltige Forstwirtschaft und Holzverwendung zusammengehören.
Spannend mit experimentellen Formaten
Neue Formate, an denen sich insbesondere auch der Nachwuchs unter den BPH-Mitgliedern beteiligte, sorgten für Abwechslung und Aufmerksamkeit bis zum Ende. Etwa die „Fishbowl“, ein Podiumsgespräch zum kreislaufgerechten Bauen: Moderiert von BPH-Geschäftsführer Kai Pless tauschten sich Annette Hillebrandt, Fensterbauerin Sarah Nuffer (Wipfler Fenster + Fassaden GmbH) und Tim Sassen zum kreislaufgerechten Bauen auch mit dem Publikum aus. Und in den „Speakers’ Corners“ ging es ganz informell, aber hoch konzentriert zu. Hier diskutierten Lisa-Marie Beelitz (MB Brandschutztischlerei), Sarah Nuffer, Marko Prentzel (Prentzel und Böhnert), Florian Kowalski (Kowa Holzbearbeitung) und Stefan Appelhans (Sorpetaler Fensterbau) mit den Interessierten aktuelle Betriebsthemen: von der unkonventionellen Nachwuchswerbung und der Viertagewoche über die Ökobilanzierung und die Fensterbeschichtung für die Ewigkeit bis zur Betriebsnachfolge. (sk/Quelle: BPH)