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Was noch zu optimieren ist

Ganzheitliche Betrachtung des Bauteils Fenster
Was noch zu optimieren ist

Für die derzeitigen Fensterkonstruktionen sind die Verbesserung der einzelnen Gebrauchseigenschaften, die Energieeinsparung und eine wirtschaftliche Fertigung die vordringlichen Ziele. Im Blickfeld müssen jedoch auch alle Aufgaben des Bauteils „Fenster“ stehen, die aus der Erstellung und Nutzung eines Gebäudes abgeleitet werden

Etwa 30 % der CO2-Emissionen in der Bundesrepublik Deutschland stammen aus Gebäuden. Rund 33 % der Energie werden für die Erzeugung von Raumwärme aufgewandt, weitere 4 % entfallen auf die Warmwasserbereitung. Gebäude sind daher ein wichtiger Sektor für Energieeinsparung und CO2-Vermeidung (Tabelle 1).

Bei der Betrachtung des Energiehaushalts eines Gebäudes ist eine ganzheitliche Sichtweise erforderlich. In die Bilanzierung müssen sämtliche Energieverluste und -gewinne unter Berücksichtigung der verschiedenen Kostenanteile der Heizenergie wie elektrischer Strom, Gas und Öl aufgenommen werden. Weiter sind Betriebs- und Anlagenkosten sowie Kosten für Beleuchtung und Klimatisierung einzubeziehen. Derzeit werden in der Bilanzierung in der Hauptsache Wärmeverlus-te aufgeführt.
Energieeinsparung durch Superfenster
Die aktuelle Diskussion um die neue Energieeinsparverordnung und um so genannte Niedrigenergie-, Dreiliter- oder Passivhäuser lässt die Nachfrage nach energieeffizienten „Superfenstern“ steigen, verstärkt durch die derzeitigen Energiepreise. Das Fenster nimmt nach wie vor eine zentrale Rolle bei der Verwirklichung von Energie-Einsparungen bei Gebäuden ein, wobei es noch sehr viel mehr leisten kann: Neben der Reduzierung der Wärmeverluste können die solaren Zugewinne durch transparente Bauteile erhöht oder sogar gezielt gesteuert werden. Die kontrollierte Lüftung und Verschattung des Gebäudes für sommerlichen Wärmeschutz könnte durch Einbindung des Fensters in die Steuerungstechnik verbessert wer-den. Da es der Fensterindustrie in der Regel nicht gelungen ist, dem Kunden solche Zusatzfunktionen zu vermitteln, wurde der U-Wert als wichtigste Kenngröße herausgestellt. Seit Jahren ist somit eine „U-Wert-Olympiade“ im Gange. Dabei werden neben bemerkenswerten Fortschritten gelegentlich zwar auch fragwürdige Verbesserungen hervorgehoben. Insgesamt jedoch sind die Fenster über die Jahre erheblich verbessert worden (Abb. 2). Trotzdem ist das Bauteil Fenster noch immer der interessanteste Optimierungsbereich in der Gebäudehülle.
Optimierung von Mehrfach-Isoliergläsern
In der Vergangenheit wurden zunächst die Eigenschaften von Mehrscheiben-Isoliergläsern deutlich verbessert. Durch den Einsatz von Beschichtungen und Spezialgasfüllungen konnte der U-Wert mit vertretbarem Aufwand auf 1,0 W/(m²K) gesenkt werden. Die Entwicklung ist dabei insbesondere bezüglich der Emissivität (Wärmeabstrahlung) der Schichten an Grenzen gestoßen. Produkte mit Xenon- oder Kryptonfüllungen und Mehrfachglasaufbauten werden keine breite Anwendung finden, da die Gase kaum verfügbar und viel zu teuer sind.
Für hochwärmedämmende Fens-ter zeichnet sich derzeit das Dreischeiben-Isolierglas mit bzw. ohne Doppelbeschichtung und mit Argonfüllung als gängige Lösung ab. Der Nachteil dieser Produkte liegt teilweise in den gro-ßen Scheibenzwischenräumen mit einer entsprechend höheren Belastung des Isolierglasrandverbundes (Temperatur/Druck), wodurch sich die Lebensdauer verringert.
Optimierung von Fensterkonstruktionen
Die Rahmenkonstruktionen aller gängigen Werkstoffe sind in den vergangenen Jahren in Bezug auf den Wärmeschutz optimiert worden. Die Maßnahmen sind je nach Rahmenwerkstoff vielfältig. Abb. 2 zeigt schematisch verschiedene Ansätze und die Bandbreite der Verbesserung.Bei der Ermittlung und Angabe der U-Werte von Bauteilen sind mit den neuen europäischen Regelwerken und der zukünftigen Energieeinsparverordnung auch Wärmebrücken wie der Scheibenrand oder der Baukörperanschluss mit zu berücksichtigen. Durch die Einbeziehung des Scheibenrandes und der Rahmen „verschlechtert“ sich im Allgemeinen der U-Wert des Fensters um ca. 0,1 bis 0,2 W/(m²K).
Optimierung von Einbausituationen
Alternativ zu Lösungen mit komplexen, voluminösen Fensterkonstruktionen kann durch eine Veränderung der Einbausituation, beispielsweise durch die Überdeckung eines konventionellen Randverbundes des Mehr-scheiben-Isolierglases sowie evtl. durch tieferen Glaseinstand mit herkömmlichen Bauweisen eine verbesserte Energiebilanz erreicht werden (Abb. 3).Alternativ oder ergänzend zur Überdeckung des Rahmens mit Dämmstoff kann auf die bereits beschriebenen verbesserten Rahmenkonstruktionen (Abb. 2) zu-rückgegriffen werden. Der Einfluss des tiefen Glaseinstandes auf die Haltbarkeit der Scheiben wird derzeit im ift Rosenheim untersucht.
Zukünftige Entwicklungen
Generell muss für ein Gebäude eine Gesamtbilanz bezüglich des Primärenergie-Einsatzes erstellt werden. Dies ist durchaus sinnvoll. Eine Ableitung von festgeschriebenen U-Werten für einzelne Bauteile, wie in der Diskussion um das Passivhausfenster, ist dagegen weniger sinnvoll. Müssen Fenster doch je nach Einsatz-zweck und -art unterschiedliche Beiträge leisten.Auch bei der Entwicklung neuer Fenstersysteme ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise gefragt. Bei der Konzeption neuer Fens-tersysteme genügt es also keinesfalls, ausschließlich auf die Verbesserung des Wärmeschutzes Wert zu legen (Abb. 1). Die wärmetechnische Optimierung der Fenster stößt mit den herkömmlichen Bauprinzipien an eine technische und wirtschaftliche Grenze. Folgende Aspekte sollten in Einklang gebracht werden:
Modular aufgebaute RahmenkonstruktionenUm den Rahmen hinsichtlich der Wärmedämmung und in Bezug auf seine verschiedenen Funktionen im Einsatz zu verbessern, wird es notwendig sein, sich von der monolithischen Bauart zu lösen. Verschiedene Schichten und Baugruppen aus optimierten Materialien übernehmen die einzelnen Teilaufgaben (Abb. 4).Bei einer konsequenten Weiterentwicklung besteht mit dieser Bauweise die Möglichkeit, mit spezialisierten Werkstoffen und Baugruppen die Anwendungsvielfalt und Leistung von Fens-tern deutlich zu erhöhen.Für die richtige Fensterauswahl sind in Zukunft Klassifizierungen von Einsatzfeldern und Einbaubedingungen Voraussetzung. Fertigungsabläufe und Konstruktionen werden sich ändern; die Elektronik wird im Bauteil Fenster Einzug halten. Der Trend wird zum Teil – wie in anderen Branchen längst geschehen – zu einer Montagefertigung gehen. Voraussetzung ist ein modularer Aufbau der Konstruktionen mit der Möglichkeit der Kombination standardisierter Baugruppen zu einer Vielzahl von Produkten, die speziell auf die jeweiligen Einsatzfelder zugeschnitten werden. Insbesondere bezüglich eines wirtschaftlichen Fertigungsprozesses kann man dabei von anderen Branchen lernen.
Verglasungen, die sich anpassen
Die heutigen Verglasungen weisen unabhängig von den äußeren Randbedingungen, wie z. B. Solarstrahlungsangebot, immer den-selben Gesamtenergiedurchlass-grad g auf. Zur Verbesserung des sommerlichen Wärmeschutzes und zur Verringerung des Energieaufwands für die Kühlung benötigt man ein dynamisches System, das die Eigenschaften des transparenten Bauteils an die äußeren Randbedingungen anpasst. Bisher wurde diese Aufgabe nur von Sonnenschutzsystemen übernommen, die vor oder hinter dem transparenten Bauteil sitzen oder im Mehrscheiben-Isolierglas integriert sind.Neueste Entwicklungen verlagern diese Eigenschaft teilweise in die Verglasung. Für die Umsetzung solcher schaltbarer Verglasungen existieren unterschiedliche Konzepte (Tabelle 2).
Gesteuerte Lüftung
Die Raumlüftung wird bislang zumeist nur über den Benutzer vorgenommen. Die Wärmeverluste bei unsachgemäßer Gebäudelüftung, zumeist in der Übergangsjahreszeit, übersteigen dabei die Ersparnis durch hochwärmedämmende Rahmen und Gläser, was immer noch zu wenig Beachtung findet. Die rechnerische Annahme bei Passivhäusern, dass in Wohnungen mit Lüftungsanlagen während der Heizperiode keine Fenster geöffnet werden, lässt sich nicht bestätigen. Weiter sind die Stromkosten für die elektrische Wärmeerzeugung im Lüftungssystem vergleichsweise erheblich teurer. Im Übrigen ist dies ein aktives Sys-tem. Der Nutzer verbraucht zwar weniger Energie, dürfte aber immer noch hohe Verbrauchskosten haben.Eine Zunahme der Tauwasserprobleme mit Schimmelpilzbildung in neuen oder modernisierten Gebäuden zeigt, dass die Nutzer mit der sachgemäßen Raumlüftung überfordert sind. Um eine gezielte Luftzufuhr und -abfuhr sicherzustellen, sollte der Nutzer von dieser Aufgabe entlas-tet werden.Um die Lüftungswärmeverluste zu minimieren, ist die Einbindung von Steuerungssystemen in das Fenster oder die Fassade bzw. der Anschluss an Haussteuerungssysteme zweckmäßig, wenn nicht sogar unumgänglich. Wesentliche Konzepte zur Gebäudelüftung unter Einbeziehung des Fensters sind:1. Rückmeldung bei geöffnetem Fenster an die Steuerung: Die Heizung wird im entsprechenden Raum gedrosselt oder abgeschaltet. Das Öffnen und Schlie-ßen des Fensters erfolgt durch den Nutzer.2. Lüftungsbedarf wird durch Messung des CO2-Gehaltes und/ oder der Raumluftfeuchte festgestellt: Das Öffnen bzw. Schließen des Fensters erfolgt motorisch.3. Lüftungsbedarf wird durch Messung von Schadstoffkonzentrationen, Luftfeuchte und/oder der Anwesenheit von Personen festgestellt: Lüftung erfolgt über zentrale Abluftanlage. Die Fens-ter fungieren als Zuluftelemente. Eine zusätzliche Wärmerückgewinnung minimiert die Lüftungswärmeverluste.4. Die Lüftung wird über dezentrale Raumluftgeräte mit Wärmerückgewinnung sichergestellt. Diese Lüftungselemente können Bestandteil des Fensters sein.
Neue Montage-Konzepte
Auch die Integration der Fenster in das Gebäude bietet Ansätze für Weiterentwicklungen: Bislang kann eine kostengünstige und gleichzeitig bauphysikalisch optimale Montage wegen der heterogenen Zuständigkeiten am Bau kaum verwirklicht werden. Dazu wären andere Montagekonzepte erforderlich: Wünschenswert wären genormte Schnittstellen zwischen der Wand und dem Fenster (Abb. 5). Damit ließe sich auf dem Bau der Schritt zur kostengünstigen Montagefertigung über vorkonfektionierte Bauteil-Module und Einsatz von Montagehilfen vollziehen. Erforderlich sind dazu organisatorische Maßnahmen, abgestimmte Planungen und Ausbildungskonzepte.
Zusammenfassung
Für die derzeitigen Fensterkons-truktionen sind also, neben verbesserten Gebrauchseigenschaften, Energieeinsparung und wirtschaftlicher Fertigung, insbesondere von Interesse:
• der Rahmen mit spezialisierten Bauteilschichten aus Systemkomponenten bei veränderten Konstruktionsbedingungen,
• die Verglasung mit steuerbaren Eigenschaften,
• die Integration des Fensters in die intelligente Steuerungstechnik,
• die Berücksichtigung und Integration von geeigneten Lüftungssystemen und
• die wärmetechnische Optimierung und Vereinfachung der Montage.
Um diese Punkte, die für die Neupositionierung des Bauteils Fenster entscheidend sind, auf dem Markt zu verankern, ist die Absicherung durch geeignete Prüfungen, die Aufnahme in europäische Regelwerke und die Einführung weniger allgemein gültiger europäischer Standards notwendig und sinnvoll. Diese Standards sollten auch in heutigen und zukünftigen Schlüsselmärkten, wie in Nordamerika und China, anerkannt werden.Das ift Rosenheim und seine Mitarbeiter werden diese Veränderungsprozesse als eine der zent-ralen Herausforderungen der nächsten Jahre ansehen und die Branche auf diesem Weg fachkundig, objektiv und als unabhängiges Institut begleiten. o
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